Perry Rodent
Die Ratte des UniversumsFolge 2 - Die Frittenmacht
Die Einsatzgruppe "Dusty Star" hat den Käfig mit unbestimmtem Ziel verlassen und sich mit Space Cakes Mut angeknabbert. Nun haben sich die Ratten getrennt, und Perry Rodent und Ratty "Nerd" Bull, genannt Bully, stoßen auf DIE FRITTENMACHT.
Die spitze Nase Bulls ragte fast senkrecht empor, die feinen
Tasthaare vibrierten unruhig und die blanken, schwarzen Augen quollen
noch ein Stück weiter aus den Höhlen als ohnehin schon.
"Riechst Du auch etwas?" fragte Rodent seinen Freund und
Offizierskollegen, doch er erntete nur ein abwehrendes Niesen. Eilig
wandte Rodent seinen Kopf zur Seite, ließ seine Nase
sprungartig über den glatten, staubigen Grund gleiten und
versuchte den merkwürdigen Geruch besser zu erfassen, dessen
Entdeckung ihren Marsch unterbrochen hatte.
Eine eigenartige
Umgebung, in die sie da geraten waren: eine schier endlose Ebene
breitete sich in allen Richtungen, bedeckt von feinem Staub, der bei
jedem Schritt aufwirbelte und sich in eigenartigen Mustern
wiederabsetzte.
"Da ist etwas", sagte Bull und
kratzte sich verlegen am Rücken. "Wieso mußten wir
auch hier lang? Wir hätten bei den anderen bleiben
können."
"Wer sich im Dunkeln versteckt, kann
niemals Müll zum Fressen finden, Bully" zitierte Rodent ein
altes Sprichwort spöttisch und umkreiste seinen Freund.
"WIr mußten uns aufteilen, sonst hätten wir
stundenlang suchen können, ohne was zu finden. Sieh Dir doch
diese endlose Ebene an."
"Wenn ich wenigstens
wüßte, wonach wir suchen", murrte Bull,
"dann würde mir das Ganze vielleicht mehr Spaß
machen."
Rodent fiepte zustimmend und ließ
plötzlich seinen Schwanz kreisen. Eine dichte Wolke von Staub
legte sich um die beiden. Erschrocken zog Bull den Kopf zurück
und ging in Verteidigungsposition.
"He! Paß doch
auf!" Rodent kniff die Augen eng zusammen und blickte starr auf
die sich langsam wieder senkende Wolke. "Fällt Dir nichts
auf", fragte er leise und machte einen raschen Blick in die
Runde.
"Doch. Jetzt weiß ich endlich, warum unser
kleiner Ausflug 'Unternehmen Dusty Star' heißt. Das ist ja
wirklich noch untertrieben. Wenn ich es nicht besser
wüßte, würde ich sagen, das Zeug liegt hier
meterhoch. Wie bei mir zu..."
Rodent machte ein kaum
hörbares Geräusch und Bull verstummte.
"Das
meine ich nicht, Bully. Sieh Dich doch mal um. Die Staubfläche
ist abgesehen von unseren Spuren vollkommen gleichmäßig.
Erinnerst Du Dich, was Phil bei der letzten Besprechung gesagt hat?
Wir sollen raus aus dem Käfig, um jemanden zu finden, oder
etwas, um Kontakt aufzunehmen. Ich frage mich, woher er eigentlich
weiß, daß es hier draußen jemanden gibt."
Bull kratzte sich nachdenklich am Po und musterte die Ebene.
"Sieht nicht so aus, als würde hier jemand leben."
Rodent deutete auf die Stelle, die er bearbeitet hatte. "Sieh
dir das an. Ich bin nur einmal mit dem Schwanz drübergegangen,
und man sieht deutlich, daß die Staubdecke verletzt wurde. Nein
Bully, wenn hier überhaupt jemand lebt, dann hat er sich schon
eine Weile nicht mehr bewegt."
Die beiden schwiegen
einen Moment lang, in dem man nur ihren pfeifenden Atem hören
konnte. Ihre Flanken bebten, die feinen Nasen sogen die Luft tief in
ihre Lungen. Plötzlich erschütterte ein Niesen Bulls
Körper.
"Gesundheit, Alter", sagte Rodent
trocken, ohne sich jedoch zu entspannen. "Und? Was meinst
Du?"
Bull schniefte demonstrativ und seufzte.
"Irgendwas riecht hier auffällig.", sagte er
schließlich vage und grinste.
"Ganz genau, Bully,
und wir sollten herausfinden, was das ist."
*
"Was machen eigentlich Deine finsteren Vorahnungen? Gibts
irgendwelche neuen Erkenntnisse?"
Die beiden waren kaum
zwei Meter weitergekommen seit Bulls Niesanfall, und noch immer war
trotz intensiven Schnüffelns nicht zu ermitteln, was sie da
eigentlich rochen. Ein äßerst beunruhigender Zustand.
Hinter Ihnen auf der weiten, glatten Fläche hatte sich die
Staubdecke fast schon wieder geschlossen und ihre Spuren
verschlungen; nur die kreisförmige Stelle, an der Rodent
sein Experiment gemacht hatte, war in einiger Entfernung noch vage zu
erkennen.
"Ich weiß nicht", sagte Rodent,
"was ich von all dem halten soll. Hast Du von dem Gerücht
gehört, daß in einigen Ecken des Käfigs die Nahrung
rationiert worden sein soll?"
"Natürlich.
Flip hat sogar behauptet, einige würden schon Vorräte in
ihren Höhlen anlegen, für die Zeit der Hungersnot."
"Ja. Er hatte große Angst davor, daß wir uns
gegenseitig angreifen könnten. Er hat es mir einmal gesagt, als
wir gemeinsam gegraben haben."
Bull kratzte sich
unbehaglich am Ohr.
"Worauf willst Du hinaus?"
Rodent schwieg einen Moment.
"Hast Du Dich schon mal
gefragt, wo eigentlich das Futter für den Käfig herkommt,
Bully?"
"Nein", erwiderte Bull verblüfft
und schob instinktiv seinen Kopf ein Stück nach vorne.
"Nein, das habe ich nicht. Verdammt."
"Tja.
Mir ist es auch erst vor kurzem klargeworden. Ich hab dann den
Vice-Ullas gefragt, und er hat gesagt, das wüßte keiner.
Das Futter sei eben einfach da."
"Das ist doch
Blödsinn" rief Bull. "Ich habe genau gesehen, wie die
Offiziere manchmal mehrere Portionen durch die Versammlungshöhle
geschleift haben. Ich glaube, die verteilen es."
Rodent
nickte. "Fragt sich nur, warum Phil nicht wollte, daß ich
das weiß. Wenn es überhaupt stimmt."
"Na, irgendwer weiß jedenfalls, woher das Futter
kommt", behauptete Bull energisch.
"Ich glaube,
daß es von hier kommt", sagte Rodent. Bull hielt einen
Moment den Atem an.
"Oder besser: ich glaube,
daß es von hier kam. Du kannst übrigens weiteratmen. Es
hört Dich keiner."
Pfeifend entwich die Atemluft
aus Bulls Nase. "Wie kommst Du denn auf die Idee?"
fragte er mehr irritiert als ungläubig.
"Vorahnungen" erwiderte Rodent knapp und deutete mit der
Pfote an Bull vorbei. "Ich glaube, der Geruch kommt von
da."
Sofort drehte Bull den Kopf in die entsprechende
Richtung und begann zu schnüffeln.
"Warum sollten
sie uns ausgerechnet jetzt aus dem Käfig schicken? Die
Expedition wird seit Jahren geplant, und es ging nie voran. Ich habe
schon gedacht, daß irgendwann sang und klanglos alles
abgeblasen wird, und wir wieder Papier reißen müssen, oder
sonstwas langweiliges. Aber dann plötzlich heißt
es: es wird ernst, es geht los, und es kann allen nicht schnell
genug gehen. Gleichzeitig tauchen die Gerüchte auf: das
Futter wird knapp, unruhige Zeiten stehen bevor. Ich zähle nur
zwei und zwei zusammen. Ich glaube übrigens wirklich, daß
es von da kommt."
Bull nickte angespannt. "Das
würde heißen, Phil hat uns bewußt nicht alles
gesagt, als er uns hier rausgeschickt hat."
"Nicht
nur das. Es würde heißen, er hat uns belogen. Wir sollen
nicht herausfinden, ob es hier jemanden gibt, Bully. Wir sollen
herausfinden, warum und wohin er verschwunden ist."
"Du meinst, deshalb ist hier alles so seltsam und staubig? Aber
- wenn es hier jemanden gab, der den ganzen Käfig mit Futter
versorgt hat, und er jetzt verschwunden ist, dann heißt das,
dieser jemand war sehr mächtig..."
"Oder
hatte mindestens eine Menge Futter, das ist nicht ganz dasselbe,
Dicker, auch wenn es dir natürlich so vorkommt. Glaubst Du, es
ist sicher da drüben?"
Bull knurrte warnend.
"Ich denke schon. Aber wenn jemand anderer dafür gesorgt
hat, daß unser fiktiver Jemand verschwindet, dann muß
dieser andere ja noch mächtiger sein. Und nicht besonders
freundlich."
"Das macht mir auch Sorgen."
"Ich finde, wir sollten jetzt mal nachsehen, was da ist. Ich
glaube, es ist sicher genug."
Vorsichtig setzte Bull
eine Pfote ein Stück nach vorne, schnüffelnd und nach allen
Seiten sichernd kam Rodent nach.
"Weißt Du, was
ich mich frage" sagte Bull, während er sich behutsam wieder
ein Stück auf die Quelle des Geruches zubewegte. "Ich frage
mich, ob Phil jemand anderen aus unserer Gruppe informiert hat, wenn
er schon uns nichts erzählt."
"Ja. Und ich
frage mich, was dieser angenommene Jemand wohl für Anweisungen
hat, falls irgendein Problem auftaucht. Und ich frage mich, ob er von
seinen Zähnen Gebruach machen würde."
"Mein Gott", rief Bull plötzlich, "sieht nur! Was
um alles in der Welt ist das?"
Vor den beiden ragte ein
gewaltiges, gelbglänzendes Objekt aus dem staubigen Boden. Es
war etwa doppelt so hoch wie Rodent, hatte einen annähernd
vierkantigen Querschnitt und war über und über von feinen
weißen Körnchen bedeckt. Vorsichtig näherte Rodent
seine Nase dem Ding und schnüffelte.
"Was ist das
bloß", fragte er nervös, "der Geruch kommt mir
irgendwie bekannt vor."
Bull grinste und hüpfte
nah an die seltsame Säule heran. Er griff mit beiden Pfoten zu
und trennte mit den Zähnen sorgfältig ein Stück aus
der weichen, nachgiebigen Masse, das er Rodent gab.
"Erkennst Du's jetzt?" fragte er, und begann, auch für
sich etwas abzubeißen. Zaghaft biß Rodent hinein.
"Der Geschmack kommt mir bekannt vor, aber ich mag es nicht
besonders."
Bull nickte. "Das hast du noch nie
gemocht."
Er blickte fast ehrfürchtig an dem Ding
nach oben. "Ich habe nicht gewußt, wie sie am Stück
aussehen. Ich kannte das nur als einzelne Brocken, ich hätte
nicht mal gedacht, daß es überhaupt so große davon
gibt.. Wie kommt das hierhin? Und wie kommen die Stücke in unser
Futter? Außerdem glaube ich fast, daß das hier noch warm
ist. Im Käfig waren die Stücke immer kalt."
"Wovon redest Du überhaupt", fragte Rodent unwirsch,
und ließ den Brocken fallen, "was ist das für ekliges
Zeug?"
"Das sind Fritten", sagte Bull.
In diesem Moment begann die Fritte langsam, aber unaufhaltsam,
umzufallen. Bull und Rodent saßen starr vor Schreck und sahen
dabei zu. Ihre kleinen Herzen schlugen bis an den Hals.
Noch ist nicht zu übersehen, welche Tragweite die Entdeckung der Fritte durch Rodent und Bull haben wird. Aber auch beim Rest der Einsatzgruppe tragen sich bemerkenswerte Dinge zu: Die tapferen Nager um Flip und Squeek erleben einen Angriff von unerwarteter Seite. Lesen Sie weiter in Folge 3: Das Verwandten-Korps