Perry Rodent
Die Ratte des UniversumsFolge 8 - Squeeks Flucht
Die Einsatzgruppe "Dusty Star" hat den Käfig mit unbestimmtem Ziel verlassen und sich dazu mit Space Cakes Mut angeknabbert. Die Ratten haben sich getrennt, Perry Rodent und Ratty "Nerd" Bull, genannt Bully, entdeckten eine einzelne Fritte. Unterdessen erfolgte beim Rest der Einsatzgruppe ein unerwarteter Angriff von den Mitgliedern des Verwandtenkorps des Königs der Ratten. Doch Hupsi und Dotz, die neuen Anführer von "Dusty Star", sind bald darauf mit einer verschwundenen Fritte konfrontiert. Wenig später kommt es auch noch zu SQUEEKS FLUCHT.
"Cool bleiben, Leute", fiepte Dotz mit aller ihm zu Gebote
stehenden Autorität.
"Das ist doch bloß eine
Fritte."
Aber ihm war klar, daß das Verschwinden
dieser Fritte ihn und Hupsi das Kommando über die Einsatzgruppe,
das sie gegen Flip und Wolpertinger durchgesetzt hatten, wieder
kosten konnte, wenn sie nicht schnell bewiesen, daß sie mit dem
Verschwinden des Nahrungsmittels fertig werden konnten.
Dotz
reckte seine Schnauze hoch in die Luft und pfiff beruhigend auf den
Rest der Gruppe ein. Dabei ließ er nervös seinen Blick
über die Staubfläche schweifen. Als er tatsächlich nur
wenige Zentimeter entfernt die Fritte wiederentdeckte, erschrak er
zunächst, und spürte wie ein warmer Puls von seinem Leib
ausging und sich bis in den Schwanz fortpflanzte, doch seiner Angst
zum Trotz machte er einen Satz auf die Fritte zu und quiekte
spöttisch.
"Ihr Angsthasen. Hier ist sie. Kommt
her", schnaubte er, und beobachtete zufrieden, wie
alllmählich wieder Ordnung in die Gruppe kam.
Als
erster hüpfte Wolpertinger an seine Seite, doch Dotz reagierte
auf diesen Beweis von Mut, indem er die Zähne bleckte und ihn
zurück zu den anderen verwies. Wolpertinger konnte ihnen
ernsthaft gefährlich werden, und Dotz beschloß, besonders
auf den Wissenschaftler zu achten.
Hupsi sprang hinzu und
schnüffelte mißtrauisch an der Fritte herum.
"Was geht hier vor, Dotz?" wisperte sie, doch ihr
Gefährte zuckte nur ratlos und unauffällig mit der
Schwanzspitze.
Mit einem leisen Kratzen bewegte sich die
Fritte abermals ein Stück voran und Dotz mußte sich mit
aller Macht zwingen, nicht zurückzuweichen.
"Wolpertinger", rief er herrisch, "komm her. Was sagst
Du dazu?"
Folgsam kam der Wissenschaftler wieder
angehüpft, hielt sich jedoch respektvoll außerhalb der
Reichweite der Zähne der beiden Verwandten.
"Das
ist eine Fritte, denke ich", sagte Wolpertinger, "und
soweit mir bekannt ist, können sich Fritten nicht bewegen. Sie
sind Futter."
Hupsi schnüffelte unterdessen am
Ende der recht langen Fritte und pfiff triumphierend auf.
"Wir brauchen diesen Wissenschaftler nicht, Dotz", rief
sie, "ich habe etwas gefunden."
Mit einem Sprung
kam Dotz an ihre Seite und betrachtete das kleine schwarze Ding, auf
das Hupsis Schnauze zeigte.
"Was ist das?" fragte
er ratlos. "Es scheint an der Fritte zu ziehen, aber es ist doch
viel zu klein."
Der Rest der Einsatzgruppe schwieg.
Wieder bewegte die Fritte sich einige Zentimeter voran, und diesmal
hielt sie nicht an. Dotz schüttelte sich.
"Wir
werden der Fritte folgen, um zu sehen, wohin sie sich bewegt.
Vielleicht gibt es dort noch mehr Fritten."
*
"Wir müssen etwas unternehmen, Wolpertinger", zischte
Flip leise, doch sofort war Hupsi an ihrer Seite.
"Was
gibt es zu tuscheln? Ich glaube, Du verschwindest besser mal nach
hinten, Flip." Drohend richtete dieVerwandte sich auf und
gehorsam ließ Flip sich zurückfallen. Die Fritte hatte
unterdessen ein beachtliches Tempo entwickelt und schob sich nun mit
einigen Zentimetern pro Minute durch den Staub, und die "Dusty
Star" folgte ihr.
"Was wollt Ihr eigentlich,
Hupsi", fragte Wolpertinger beiläufig. "Sobald wir
zurückkommen, ist es doch vorbei."
"Nein", machte Huspi rasch, "Der König wird
für uns sorgen. Der König ist mächtiger als ihr
alle."
Wolpertinger nickte langsam.
"Natürlich. Davon bin ich überzeugt", erwiderte
er, und beobachtete zufrieden, wie Hupsi wieder zurück zu Dotz
und zur Fritte sprang. Wolpertinger blickte sich um, und sah,
daß Flip sich nun mit Squeek unterhielt. Der jungen Rättin
schien etwas unbehaglich dabei zu werden, aber wenn Wolpertinger
Flips Bewegungen richtig deutete, hatte er mit seinen
Überzeugungsversuchen Erfolg. 'Wir sind nicht für hier
draußen gemacht', dachte Wolpertinger, 'all dieser Ärger
und diese Unsicherheit wären innerhalb des Käfigs
undenkbar. Wir wären nicht einmal auf die Idee gekommen, hier
herauszugehen, wenn nicht diese Futterknappheit wäre. Es ist
unwirtlich und öde hier draußen.'
Andererseits
aber hatte er, als er sich an Gershwins Wachen vorbei aus dem
Käfig gemogelt hatte, Gelegenheit erhalten, den Käfig von
außen zu sehen, die mächtige Front mit den
Gitterstäben und die schier endlose Linie, entlang der das
Gitter im gestampften Lehm verschwand. Es reichte nicht besonders
tief hinab, das hatten die Gräber bald herausgefunden, und man
konnte durchaus heraus und hinein, wenn man wollte, aber von
außen wirkte die Gitterwand majestätisch und vollkommen
undurchdringbar. Sie war wenigstens einen halben Meter hoch, und
ungeheuer lang, und schon nach wenigen Sprüngen hatte
Wolpertinger nicht mehr sehen können, wo der Durchgang lag, den
die Gräber geschaffen hatten.
Er schüttelte sich,
um den Kopf freizubekommen, und suchte nach Flip und Squeek.
Verwundert sah er, daß Flip jetzt alleine stand, und sich sogar
auf den Weg zu den beiden Verwandten befand. Von Squeek dagegen
konnte er keine Spur entdecken. Wenn das nur gutging.
*
Schon nach wenigen Sprüngen war Squeek aus der Sichtweite der
Gruppe verschwunden und fand sich allein auf der Staubebene wieder.
Ihre Aufgabe sollte es sein, Rodent und Bull zu finden und sie
zurück zur "Dusty Star" zu bringen, doch wie sie das
anstellen sollte, konnte ihr keiner sagen. Vorerst entfernte sie sich
von der Spur die die Gruppe bei der Verfolgung der Fritte in den
Staub uriniert hatte, denn sie war sicher, daß man dort nach
ihr suchen würde, wenn Hupsi und Dotz es überhaupt
riskierten jemanden auf die Suche nach ihr zu schicken.
Vorsichtig beahnte sie sich ihren Weg durch den Staub, und hielt
verwundert inne. Der Staub schien an dieser Stelle viel niedriger zu
liegen als überall sonst. Rasch lief sie die Form der Staubsenke
ab, ohne zu wissen, daß Bull diese Erscheinungen so genannt
hatte, und kam zu dem Schluß, daß sie länglich
waren, und etwa die Länge einer Ratte hatten.
Squeeks
räumliches Vorstellungsvermögen war schon immer
außerordnetlich gut entwickelt gewesen, und so hatte sie sofort
den Eindruck, daß die längliche Vertiefung eine Richtung
andeutete. Sie überlegte kurz und ging dann in Richtung der
längeren Seite.
Schon nach wenigen Hüpfern schien
ihr der Erfolg recht zu geben, denn sie stieß auf eine weitere
Vertiefung - und auf eine weitere Fritte. Squeeks Herz schlug ihr bis
an den Hals. Sie schien etwas auf der Spur zu sein. Erneut
vermaß sie die Vertiefung, stellte fest, daß die lange
Seite nun in eine ein wenig andere Richtung zu zeigen schien, und
folgte abermals dem Zeichen.
Diesmal stieß sie auf
zwei Fritten auf einmal, ehe sie wiederum eine Vertiefung vor sich
sah. Da die Einsatzgruppe beim ersten Ausschwärmen
überhaupt keine Fritten entdeckt hatte, und sie nun beim Folgen
der Zeichen schon auf drei gestoßen war, war sich Squeek
sicher, daß die Zeichen und die Fritten zusammenhingen, dennoch
wagte sie sich noch ein bißchen weiter vor. Ein Sprung, noch
einer. Sie schnüffelte nervös, ohne zu wissen, woher die
Nervosität kam. Noch ein Stückchen nach vorne, und wieder
fand sie eine Fritte, beachtete sie jedoch kaum. Ihre Schnurrhaare
vibrierten aufgeregt, und ihre Herzschlag hatte sich stark
beschleunigt. Hektisch blickte sie sich nach allen Seiten um, konnte
jedoch nichts entdecken. Noch immer stieg die Angst in ihr, bis sie
es schließlich nicht mehr aushielt und ein Stück
zurücksprang. Nicht besser.
Squeek bemerkte Anzeichen
von Panik an sich. Sie zog sich noch ein wenig zurück, dann
jedoch wurde die Furcht übermächtig und sie rannte Hals
über Kopf den Weg, den sie gekommen war, zurück.
*
"Es wird ihr nichts nützen", behauptete Dotz erregt,
"ihr werdet sehen, bald ist sie wieder hier. Dort draußen
ist es zu gefährlich für eine einzelne Ratte."
Er sah jedoch alles andere als zuversichtlich aus dabei. Hupsi an
seiner Seite hielt den Kopf recht flach am Boden und wirkte
außerordnetlich unglücklich mit ihrer Lage, und Flip sah
den Zeitpunkt kommen, an dem er das Kommando wieder übernehmen
konnte. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis die beiden Verwandten
vom Zustand beginnender Verzweiflung in tatsächliche
Auflösung geraten würden. Flip hoffte nur, daß sie
dann nichts Unbedachtes unternahmen.
"Eine zweite
Fritte", schrillte es plötzlich, und wieder war es Urban
gewesen, der sie entdeckte hatte. Auch an dieser zweiten Fritte waren
die schwarzen Pünktchen zu erkennen, von denen Flip wußte,
daß es Ameisen waren. Er wäre den Fritten lieber nicht so
eilig gefolgt, denn er wußte, daß wo eine Ameise war, oft
auch mehrere waren, und er wußte auch, welche Erfahrungen
Gershwin schon mit Ameisen gemacht hatte, aber gegenwärtig war
an Gegenwehr noch nicht zu denken. Noch hatten die Verwandten die
Autorität.
Die beiden Fritten schienen einem
gemeinsamen Ziel zuzustreben.
"Der Boden ist ganz
anders hier", pfiff Dotz, der sich auf den Weg zu Urban gemacht
und ihn von seiner Entdeckung verjagt hatte, "viel härter
und kälter."
"Noch eine", rief Pius von
der anderen Seite, "und noch eine. Hier ist alles voller
Fritten. Und was ist das? Mein Gott, es ist riesig!"
Dotz sichtlich höchst nervös, war mit zwei eiligen
Sprüngen bei Pius und starrte sprachlos auf das Gebilde. Es war
so hoch wie mehrere Ratten und über und über mit den
kleinen schwarzen Punkten bedeckt, die sie an den Fritten gesehen
hatten.
"Was ist das?" hauchte Dotz sichtlich
hilflos.
"Das ist das Zentrum der Frittenmacht",
ertönte da eine befehlsgewohnte Stimme, "und ihr geht jetzt
besser alle ein paar Schritte zurück, ehe ihr Schwierigkeiten
bekommt."
Beim Klang dieser Stimme durchlief ein
Schauer die Einsatzgruppe und folgsam entfernten sie sich von dem
Gebilde.
"So ist es gut. Und jetzt kommen die beiden
Verwandten hier rüber, aber dalli. Euer Ausflug ist
beendet."
"Dusty Star" hat anscheinend das Zentrum der Frittenmacht erreicht - und ist auf eine neue Macht gestoßen. Wie es weitergeht lesen Sie in Folge 9: Raum des ersterbenden Lichts.