Perry Rodent
Die Ratte des UniversumsFolge 9 - Raum des ersterbenden Lichtes
Die Einsatzgruppe "Dusty Star" hat den Käfig mit unbestimmtem Ziel verlassen und sich dazu mit Space Cakes Mut angeknabbert. Die Ratten haben sich getrennt, Perry Rodent und Ratty "Nerd" Bull, genannt Bully, entdeckten eine einzelne Fritte. Unterdessen erfolgte beim Rest der Einsatzgruppe ein unerwarteter Angriff von den Mitgliedern des Verwandtenkorps des Königs der Ratten. Doch Hupsi und Dotz, die neuen Anführer von "Dusty Star", sind bald darauf mit einer verschwundenen Fritte konfrontiert. Als es wenig später auch noch zur Flucht von Squeek kommt und eine merkwürdige Stimme Kommandos erteilt, scheint die Verwandten der Mut zu verlassen. Daß sie zur Sorge allen Grund haben, zeigt sich, als ein neuer Bereich entdeckt wird: der RAUM DES ERSTERBENDEN LICHTES.
"So ist es gut. Und jetzt kommen die beiden Verwandten hier
rüber, aber dalli. Euer Ausflug ist beendet", herrschte
Rodent barsch, und Hupsi und Dotz quiekten noch ein letztes Mal
protestierend. Als jedoch Bull drohend einen Schritt auf die beiden
zumachte, wurde aus ihrem Quieken ein Jammern und sie drückten
zum Zeichen der Unterwerfung den Kopf eng an den Boden.
"Das ist faszinierend", sagte Wolpertinger und machte einen
Sprung auf den gewaltigen Haufen zu, der sich vor ihnen hob.
"Geh nicht zu nah ran", riet ihm Bull, "das sind
Ameisen."
"Ich weiß schon, was Ameisen
sind", erwiderte Wolpertinger abwesend, "aber ich habe noch
nie so viele auf einmal gesehen." Er zögerte einen Moment.
"Was sagtest Du, Perry? Das ist die ... Frittenmacht?"
Rodent fiepte bestätigend. "Ich glaube, wir haben uns
allerhand zu erzählen", sagte er, "aber vielleicht
sollten wir dazu ein Stück Abstand von diesem Haufen nehmen, mir
ist tatsächlich auch nicht wohl dabei."
Seufzend
nickte Wolpertinger, und "Dusty Star" rückte ein
Stück ab. Und dann begann das Erzählen.
*
In kurzen Worten berichtete Rodent, wie er und Bull die Fritte
gefunden hatten, und aus ihrem Vorhandensein auf die Existenz einer
Frittenmacht geschlossen hatten, die auch für die
Nahrungsversorgung des Käfigs, in dem sich auch manchmal Fritten
fanden, zuständig sein mußte. Wie dann die Fritte
verschwunden war, und sie den Spuren gefolgt waren. Wie die Spuren
schließlich zu dem Haufen geführt hatten, bei dessen
Untersuchung sie die Ankunft von Dusty Star gestört hatte. Sie
hatten dann ein wenig gelauscht und schließlich die
Schwäche der Verwandten genutzt, um sie zu
überwältigen.
Als Rodent mit seinem Bericht bis zu
dieser Stelle gekommen war, herrschte einen Moment lang Stille in der
Gruppe. Dann sagte Wolpertinger: "Ich glaube nicht daran,
daß die Ameisen die Frittenmacht sind. Sie sammeln die Fritten
ein. Die Frittenmacht verteilt sie und tut sie in unser Futter."
Bull nickte nachdenklich. "Das leuchtet mir ein, Wolp. Aber wie
hängt all das zusammen? Und was ist eigentlich bei Euch
vorgefallen? Wer sind diese beiden Figuren?" Er blickte
abschätzig auf Dotz, der sich noch ein bißchen kleiner
machte und kläglich fiepte.
"Tja", machte
Flip, der fand, daß es seine Aufgabe war, alles zu
erklären. "Wir haben auch einige Fritten gefunden, und sind
ihnen auch gefolgt. So kamen wir hierher. Und wer die beiden da sind,
erklären sie am besten selbst. Sie behaupten, der König der
Ratten habe sie geschickt."
"Der König der
Ratten?" Rodent kratzte sich irritiert. "Wer ist das?"
Doch den beiden war nichts zu entlocken. Hupsi und Dotz sprachen
überhaupt nicht mehr und wirkten extrem desorientiert.
"Vielleicht hat es damit zu tun, daß ihr merkwürdiger
Rattenkönig nicht hier ist", vermutete Wolpertinger.
"Sie sind sehr durcheinander."
"Scht",
machte Rodent, und zog sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. "Ich
versuche mich zu konzentrieren." Peinliche Stille herrschte,
während Perry Rodent seine Blicke über die Einsatzgruppe
schweifen ließ und sich dabei sichtlich anstrengte. Als er bei
den beiden Verwandten angekommen war, schüttelte er sich kurz
und blickte Wolpertinger an.
"Kann es sein, daß
jemand fehlt?" fragte er.
*
"Wo hatte ich nur meine Gedanken", rief Wolpertinger
entsetzt aus, und auch Flip wurde unruhig, "wir haben ja vor
einigen Minuten Squeek losgeschickt. Sie sollte Euch suchen."
"Wenn das schon einige Minuten her ist, verstehe ich nicht,
wieso Du wegen des Vergessens so ein Theater machst", brummte
Bull belustigt, "dann warten wir eben, bis sie wiederkommt. Das
sind wir ja allmählich gewohnt."
Wolpertinger
gelang das Kunststück gleichzeitig zu nicken und den Kopf zu
schütteln, dann sagte er "Hast ja recht, Nerd", und
wandte sich fasziniert dem Ameisenhaufen zu.
"Dann habe
ich jetzt ja Zeit, den hier zu untersuchen."
Bull
verdrehte die Augen und Rodent kicherte. Dann wurde er jedoch
übergangslos ernst.
"So, Einsatzgruppe. Wir haben
eine wichtige Aufgabe zu erfüllen, und ich nehme an, Flip
möchte uns noch das ein oder andere dazu sagen. Oder,
Flip?"
Der Angesprochene nickte schuldbewußt, und
setzte eben an, den Nahrungsmittelnotstand des Käfigs und den
eigentlichen Grund für ihre Expedition zu erläutern, als
Unruhe in die am weitesten hinten sitzenden Ratten kam. Sekunden
später hörte man Urban erfreut aufquieken, dann nahmen Pius
und Taff den Ruf auf. "Squeek ist zurück", sagte
Rodent. "Deine Geschichte wird warten müssen, Flip."
*
Die Aufregung unter den Mitgliedern von "Dusty Star" war
beträchtlich. Sie sollten den Käfig vor dem Untergang
retten, sie hatten es mit der Frittenmacht und dem Verwandtenkorps zu
tun, und nun auch noch gewaltige Mulden im Boden und
unerklärliche Anfälle von Panik? Das war zuviel für
einige, und wenn auch Rodent und Bull sich bei der Schilderung der
Mulden sofort erinnert hatten, daß auch sie welche gesehen
hatten, und daß sie ungefährlich gewirkt hatten, zogen
einige der Ratten es vor, sich zu Wolpertinger zu gesellen, der noch
immer rastlos um den Ameisenhaufen wanderte und schnüffelnd nach
einer Lösung suchte - vielmehr, er suchte nach einem Problem,
das er dann lösen konnte.
"Wir haben keine
Wahl", pfiff Rodent über die Unruhe hinweg, und ignorierte
die Gruppe um Wolpertinger für einen Moment, "es sieht so
aus, als ob die Fritten in der Nähe dieser Staubsenken liegen,
und solange wir nichts Besseres finden, ist jedes Essen ein Segen.
Wir werden also versuchen, der Spur dieser Senken zu folgen, so weit
wir können. Und wir werden versuchen, der Panik zu entgehen, die
von dort ausgeht."
Unbehagliches Schweigen herrschte.
Da richtete Wolpertinger sich auf.
"Ich habe einen
Vorschlag. Ich glaube, ich könnte versuchen, diesen Haufen zu
verstehen, wenn ich etwas Zeit bekomme, und ich habe das Gefühl,
als könnte das sehr nützlich sein. Außerdem
können diejenigen, die Angst haben, hierbleiben und mir helfen.
Wir könnten uns dann wieder hier treffen."
Rodent
blickte Bull an, der sich am Ohr kratzte. "Er würde sowieso
hierbleiben, egal, ob Du es ihm erlaubst. Da kannst Du es ihm gleich
erlauben. Und vielleicht nützt es was", sagte er.
"In Ordnung", pfiff Rodent, "wer mitkommen will, kommt
zu mir."
*
Der Konvoi aus vier Ratten bewegte sich nur zaghaft durch die
Staublandschaft, und schob sich sichernd von Staubsenke zu
Staubsenke. Immer wieder ließ Rodent anhalten und aufmerksam
schnüffeln, doch keine Gefahr zeigte sich. Dennoch wurden die
vier mit jedem Zentimeter, den sie vorrückten, unruhiger, und es
war schließlich Squeek, die das alles zum zweiten Mal erlebte,
die die Lösung fand.
"Es ist das Licht",
pfiff sie aufgeregt, "merkt ihr das? Es flackert, als wollte es
gleich ausgehen, bleibt aber doch an."
Sekundenlang
standen sie starr und versuchten, auf das Licht zu achten.
"Du hast recht", sagte Rodent schließlich, "es
stirbt und lebt doch fort. Das gefällt mir ganz und gar
nicht." Bull blickte ihn ohne jede Ironie von der Seite an.
"Ahnungen?" fragte er.
Und noch ehe Rodent
antworten konnte, war es erneut Squeek, ein wenig voraus, die
aufgeregt pfiff.
"Der Staub ist hier zuende", rief
sie, "hier ist ein eigenartiges, weiches Material. Und dieses
Licht wird stärker."
Ihre Flanken bebten vor Angst
während sie in die unruhig flackernde Leere vor sich starrte.
Rodent kam an ihre Seite gesprungen und betrachtete
verständnislos das seltsame Material des Bodens. "Ich
glaube, der Ärger fängt erst an", sagte er sorgenvoll.
Der Haufen der Ameisen, das vermeintliche Zentrum der Frittenmacht ist, so rätselhaft er ist, wohl doch nur eine Randerscheinung. Wie es den vier Ratten auf ihrem Vorstoß weiter ergeht, und welche furchtbare Entdeckung sie dabei machen, lesen Sie in Folge 10: Der Ungeheuerliche, mit der ein neuer Handlungsabschnitt beginnt.